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10. März 2015

Im Dialog mit Best Agern                                                     

Mohammadi Akhabach, Geschäftsführer der Deutschen Seniorenwerbung, stellt sich den Fragen der
Redaktion von “Healthcare Marketing”. Lesen Sie seine Antworten im Artikel „Im Dialog mit Best Agern“ aus der aktuellen Ausgabe ‘Healthcare Marketing’ (3/2015, S. 42-44, von Janika Ebmeyer).

Zielgruppen

Im Dialog mit Best Agern

Die kaufkräftige Generation 50plus gehört zum Kernklientel im Gesundheitsmarkt.
Die Deutsche Seniorenwerbung, die Apothekenkooperation Linda und die Krankenkasse
Deutsche BKK erklären, welche Regeln man bei der Ansprache von Best Agern beachten muss.

Die vergangenen Jahre in Deutschland sind geprägt von einem demographischen Wandel, auf den Unternehmen mit spezifischen Produkten und Dienstleistungen reagieren. Doch immer noch haben einige Marktteilnehmer die Bedeutung des Wandels nicht erkannt. Unter 50-jährige Führungspersonen meinen häufiger als die über 50-Jährige, dass der demographische Wandel in den Medien übertrieben dargestellt wird. Sie glauben, dass man sich in der heutigen schnelllebigen Zeit besser auf kurzfristige Maßnahmen konzentrieren sollte als auf langfristige Entwicklungen. Außerdem sind jüngere häufiger als ältere Entscheider im Management der Meinung, dass der demographische Wandel auf das eigene Unternehmen keinen Einfluss hat. Sie lehnen daher Marketing- und Werbemaßnahmen für Best Ager ab und halten diese für kontraproduktiv. Das sind Ergebnisse einer Online-Befragung, die das Frankfurter Institut für Seniorenforschung Seniorresearch im Auftrag des ReifeNetzwerkes in Hannover durchgeführt hat. Hinzu kommt, dass 63 Prozent der deutschen Unternehmen gar nicht wissen, wie viele ihrer Kunden über 50 Jahren alt sind. Das ergab eine weitere vom ReifeNetzwerk durchgeführte Studie im Juni 2014. Der Untersuchung zufolge ist vor allem in kleinen und mittleren Betrieben die Altersstruktur eine unbekannte Größe. Dabei bietet die hohe Kaufkraft der Generation 50plus enormes Potenzial für Unternehmen.

Das Problem dabei: Die Zielgruppe der Best Ager ist keineswegs homogen. Die Deutsche Seniorenwerbung in Neuss unterscheidet zwischen den sogenannten Vorsenioren, zu denen Menschen im Alter zwischen 50 und 59 Jahren zählen, den jungen Senioren zwischen 60 und 69 Jahren sowie der Generation 70plus, den älteren Senioren. Mohammadi Akhabach, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Seniorenwerbung, sagt: „Während die letztere Gruppe eher auf klassische Zeitungsanzeigen, Rundfunk- und Fernsehspots reagiert, ist für die ersten beiden Gruppen durchaus das Internet ein wichtiges Werbeforum.“ Insbesondere die Zielgruppe 50plus nutze die Möglichkeit eines Online-Einkaufs und lasse sich bestellte Ware vom Postboten direkt vor die Haustür liefern. Von den über 65-Jährigen sind laut Akhabach mehr als 60 Prozent täglich online – Tendenz steigend. „Wir sprechen hier von einer Anzahl von vier Millionen aktiven älteren Online Usern. Die im Web getätigten Umsätze erreichen bereits die Milliardenschwelle. Sie sind somit ein Klientel, deren Ansprache im Internet lohnt. Ihre Nachrücker aus den geburtenstarken Jahrgängen werden diese Zahl mit den Jahren noch weiter steigen. Die Industrie sollte das Internet also im Werben um die Gunst der Best Ager unbedingt einbeziehen“, konstatiert der Geschäftsführer. Vor allem für Gesundheitsmarken ist die Zielgruppe 50plus interessant. Die Deutsche Seniorenwerbung hat daher im September 2015 das Online-Portal ‚Schöne Jahre‘ für Best Ager gestartet. Die Website will User ab 50 Jahren über Themen wie Gesundheit und Fitness, Mobilität und Reise, Unterhaltung und soziale Interaktion informieren.

Neben redaktionellen Inhalten bietet‚ Schöne Jahre‘ Werbeformate von Displaywerbung bis hin zu Advertorials. Hersteller können so mit der Zielgruppe in Kontakt treten. Auch interaktive Bausteine des Portals sollen dabei helfen. So können Nutzer über einen Fragebogen ihre Meinung zu Produkten und Angeboten äußern und werden auf diese Weise zum aktiven Verbraucher.

Die Agentur für Seniorenmarketing erweitert mit dem Online-Portal ihr Angebot. Bisher war das Unternehmen vor allem für die sogenannte ‚Glückstüte‘ bekannt, die kostenlose OTC-Präparate, Nahrungsergänzungsmittel sowie Informationen zu Reisen und Versicherungen beinhaltet und an die Zielgruppe verschickt wird. Eingetütet wurden beispielsweise Aronia Immun von Usapharm Arzneimittel, Schüßler-Salze von Pflüger und Gelomyrtol von G.-Pohl-Boskamp.

Linda Apotheken nutzen Internet für Kontaktplege

Doch nicht nur Pharmaunternehmen wollen Best Ager erreichen. Auch für Apotheken sind Senioren eine wichtige Zielgruppe. So nutzt beispielsweise die Apothekenkooperation Linda mit Sitz in Köln verschiedenste Medien – sowohl im Print- als auch im Online-Bereich –, um mit ihren älteren Kunden in Dialog zu treten. Die Linda Apotheken veröffentlichen zum Beispiel alle zwei Wochen das ‚Linda Magazin‘. Die Leser erhalten darin Informationen über die Apothekenkooperation, über Gesundheits- und Servicethemen sowie zum aktuellen TV-Programm. Die kostenfreie Zeitschrift ist laut ihrem Herausgeber als Wellnessmagazin positioniert. Von der Altersstruktur gehören Frauen ab 50plus zur Kernzielgruppe.

Einen mittlerweile sehr wichtigen Kanal stellt Online dar. Hier nutzt Linda für Kundenansprache und -dialog verschiedene Formate. Zentrales Element ist das Portal linda.de, das unter anderem zum Kundenkontaktmanagement genutzt wird. Vanessa Bandke, Leitung Unternehmenskommunikation & Brand Management der Linda AG, erläutert: „Die Nutzung des Kontaktformulars hat sich zu einem wichtigen Kommunikationsinstrument für unsere Kunden entwickelt. Wir nutzen die eingehenden Nachrichten, um Kunden aktiv Hilfestellungen geben zu können, aber auch gleichzeitig zur Markenpflege, zum Crowdsourcing und zum Reklamationsmanagement, also für die langfristige Optimierung unserer Service- und Dienstleistungsangebote.“

Bei den neuen Medien legt die Linda AG ihren Fokus auf Facebook. Hierbei setzt das Unternehmen auf den Ausbau der Fanpage-Interaktionsrate. „Uns ist der Austausch mit der Fanbase sehr wichtig. Zudem zahlt eine starke Interaktionsrate auf die erzielbare Reichweite von Beiträgen ein – sie erhöht die gesamte Page- Performance“, sagt Bandke. Die zentrale Geschäftsstelle der Apothekenkooperation berät die einzelnen Linda Apotheken beim Einstieg ins Social Web.

Deutsche BKK plant Relaunch der Website

Auch bei Krankenkassen liegt die gesundheitsbewusste Zielgruppe 50plus im Fokus. Die Krankenkasse Deutsche BKK mit Sitz in Wolfsburg hat den Bedarf einer spezifischen Kommunikation für Best Ager erkannt und will ihren Online-Auftritt relaunchen. Bislang stellen Website, E-Mail und Postmailing die Hauptkanäle dar, um in den Dialog mit Kunden zu treten. Die Homepage deutschebkk.de bietet aktuell noch keine Strukturierung nach Altersgruppen. Dennoch sind Klassifizierungen von Webartikeln zu finden, die eher ein Best Ager aufrufen würde als ein Azubi und umgekehrt. Im Zuge eines kommenden Relaunches soll eine Clusterung nach Alters- und Interessensgruppen geprüft werden. So könnten spezielle Leistungen oder Ratgeberthemen nach eigenen Vorlieben auf einen Klick aufgerufen werden. „Diese Infos gibt es zwar heute schon, aber der Seitenbesucher muss sie sich selbst zusammensuchen. Das soll sich in Zukunft ändern“, sagt Janina Thom, Pressesprecherin der Deutschen BKK. Bisher arbeitet die Krankenkasse im technischen Bereich mit der Multimedia-Agentur T-Systems MMS zusammen.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Versichertennewsletter. Auch hier sind noch nicht alle Themen pro Newsletter auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnitten. Alle Abonnenten erhalten die gleichen Informationen, unabhängig vom Alter. In Zukunft soll geprüft werden, ob Themenschwerpunkte gewählt werden können. „Das Potenzial für eine zielgruppenspezifische Ansprache ist sicherlich beim Newsletter höher als bei der Website. Der regelmäßige Charakter setzt eine höhere Kontaktbereitschaft voraus als ein Aufruf der Website“, sagt Thom.

Neue Maßstäbe in der Kundenansprache

Interaktion mit der Zielgruppe erreichen Player im Gesundheitsmarkt insbesondere mithilfe der neuen Medien. User halten sich meist täglich im Social Web auf und suchen über diese Plattformen Kontakt. Laut dem Doubleclick Ad Planner von Google sind bereits acht Prozent der Facebook-Community in Deutschland zwischen 55 und 64 Jahre alt, zwei Prozent sind 65 Jahre oder älter. Neben den Entwicklungszahlen einiger Netzwerke nimmt zudem die Verbreitung von Smartphones in diesem Alterssegment zu und auch Einkäufe finden zunehmend im Netz statt. Der CEO der Deutschen Seniorenwerbung, Akhabach, erläutert: „Das bedeutet, man muss eine neue Qualität der Kundenansprache entwickeln, die durch Geschwindigkeit, Aktualität, Entertainment, Multichannel und Individualität geprägt ist und die Bedürfnisse, Wünsche, aber auch Einschränkungen der Best Ager berücksichtigt.“

Erst wenn Unternehmen die Bedürfnisse der reiferen Zielgruppe (zum Beispiel: Convenience, Individualität, persönliche und intensive Betreuung, hohes Informationsbedürfnis) sowie deren Handicaps (eingeschränkte Mobilität, Anfälligkeit für Krankheiten, höherer Beratungsbedarf, Mehrfachmedikation etc.) erkennen, können sie sich Wettbewerbsvorteile sichern. Die sozialen Medien sind ein attraktives Vehikel, das zahlreiche Möglichkeiten zur Erfüllung dieser Wünsche bietet.

Janika Ebmeyer

Kommunikationsregeln im Dialog mit Best Agern

Vanessa Bandke, Leitung Unternehmenskommunikation &
Brand Management bei Linda:

Quelle- Linda

Quelle- Linda

„Bei Best Agern handelt es sich um eine heterogene Zielgruppe. Es ist zu beachten, dass der Grad an Mobilität und Gesundheit sowie der wirtschaftliche Background deutlich differieren können. Die Kommunikation muss dies berücksichtigen. Klassische Seniorenklischees sind zu vermeiden. Es muss ein Dialog auf Augenhöhe gesucht werden, man muss relevante Inhalte bieten, eine angemessene, seriöse Sprache nutzen sowie Kompetenz, Zuverlässigkeit und Beständigkeit vermitteln. Das gilt sowohl für die eingesetzten Marketing- und Kommunikationsformate als auch für die Ausgestaltung der Räumlichkeiten vor Ort (Barrierefreiheit) sowie den persönlichen Dialog am Handverkaufstisch. Geschultes Personal, das sich mit den Anforderungen der Seniorenzielgruppe auskennt, ist essenzieller Bestandteil einer erfolgreichen Kundenkommunikation. Dass sich dieser Einsatz und Aufwand lohnen, liegt auf der Hand: Nicht nur, dass die ältere Zielgruppe aktuell nach wie vor die wirtschaftlich attraktivste ist. Sie belohnt zudem bei Zufriedenheit eine Marke in der Regel mit einer deutlich höheren Markenloyalität und -treue, als es in jüngeren Zielgruppensegmenten zu verzeichnen ist.“

Mohammadi Akhabach, CEO der Deutschen Seniorenwerbung:

Quelle- Deutsche Seniorenwerbung

Quelle-                                            Deutsche Seniorenwerbung

„Die Grundregel erfolgreicher Werbung ist Glaubwürdigkeit. Transparente Information zahlt sich aus. Bei der Generation 50plus stößt diese Vorgehensweise auf besonders fruchtbaren Boden. Aufgrund ihrer Lebenserfahrung geben sich die Best Ager nämlich nicht mit flotten Werbesprüchen und fadenscheinigen Versprechungen zufrieden. Sie wollen Fakten. Nur wenn ein Produkt hält, was seine Werbung verspricht, hat es bei ihnen eine Chance. Ebenso wichtig wie der Inhalt der Werbebotschaft ist deren Form. Unerlässlich ist es, die Sprache an die Zielgruppe der Best Ager anzupassen. Mit einem Sprachstil und einer Bilder- und Themenwelt, mit der sich die über 50-Jährigen identifizieren können, erzielen Werbebotschaften bei ihnen ihre höchste Wirksamkeit. Weil Best Ager nicht als alt gelten wollen – und es auch nicht sind –, möchten sie sich nicht mit Menschen auf Werbeplakaten identifizieren, die auf den ersten Blick alt erscheinen. Genauso wenig fühlen sie sich von jungen Gesichtern in der Werbung repräsentiert. Nicht umsonst erfreuen sich Models über 50, die das Idealbild der Zielgruppe von Aktivität, Erfahrung, Intelligenz, Niveau und Genuss bedienen, seit einigen Jahren wachsender Nachfrage.“

Janina Thom, Pressesprecherin der Deutschen BKK:

Quelle- Deutsche BKK

Quelle- Deutsche BKK

„Die Kommunikation muss immer zielgruppengerecht sein – egal, welchen Kanal man bedient. Themen und auch Tonalität sind anders, wenn wir mit Auszubildenden kommunizieren – auch wenn wir uns natürlich als gesetzliche Krankenversicherung nicht komplett der Jugendsprache anpassen. Unsere Netiquette gilt für alle Altersgruppen. Wir duzen beispielsweise bei Facebook nicht alle User. Im jeweiligen Dialog wird darauf reagiert, wie wir angesprochen werden. Ebenfalls unterscheiden sich die Themen: Junge Leute wollen Spaß, Geld sparen und sich möglichst wenig mit Krankheiten beschäftigen. Best Ager möchten eine umfassende Vorsorge, ein breites Leistungsspektrum und einen guten Service. Darauf gehen wir ein.“

 

Healthcare Marketing 3/2015, S. 42-44, Autor Janika Ebmeyer, www.healthcaremarketing.eu